Körpersprache auf der Bühne

von | Jan. 30, 2025

Mimik, Gestik, Stand, Haltung und Körperspannung sind die Parameter der Körpersprache. Der präzise Einsatz sowie ein gelungenes Timing führt zu Bühnenpräsenz, durch die Resonanz mit dem Publikum erzeugt werden kann.

Automatisierte Körpersprache

Der Einsatz der Körpersprache soll während Ihres Auftritts möglichst automatisiert und unbewusst ablaufen. Denn mental gilt Ihre Aufmerksamkeit Ihren Inhalten sowie Ihrem Publikum. Dies hat jedoch oftmals zur Folge, dass unser Körper spricht, obwohl wir das gar nicht wollen. Gerade in emotional herausfordernden Situationen machen sich Ticks wie Blinzeln, durch die Haare fahren, Selbstberührungen oder das Überkreuzen der Füße bemerkbar, die unsere Unsicherheit und Nervosität sichtbar machen.  Unsere Körpersprache kann aber auch helfen, diese Nervosität zu regulieren. Indem wir mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, langsame Bewegungen durchführen, ausladende Gesten durchführen und lächeln können wir unserem Körper signalisieren: Wir haben Kraft und die Dinge im Griff.

Diese Wechselwirkung zwischen Körper und Geist wird Embodiment genannt (wer sich tiefer einlesen möchte findet hier ein sehr lesenswertes Buch).

Authentische Körpersprache

„Aber wirkt das denn authentisch und professionell? Die Wirkung der Körpersprache ist individuell und situationsbedingt sehr unterschiedlich. Je nachdem, wie groß der Bühnenraum und Ihr Publikum verhalten benötigen Sie ganz unterschiedliche körpersprachliche Verhaltensweisen. Ein besonderer Fall ist das Präsentieren vor der Kamera, die besonders die Mimik besonders hervorhebt, während diese auf großen Bühnen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Dort wirken Gesten, Stand, Körperspannung und die Bewegung im Raum besonders stark. Betrachten wir also einmal die unterschiedlichen Kategorien der Körpersprache:

Mimik

Mimische Verhaltensweisen kommunizieren Emotionen oder Inhalte (z.B. Augenzwinkern) und stellen die erste Form der Kommunikation zwischen Eltern und Kind dar. Der Anthropologe Paul Ekman hat gezeigt, dass die mimische Repräsentation der Basisemotionen Freude, Trauer, Angst, Ekel, Überraschung, Ärger/Zorn und Verachtung auf der ganzen Welt gleich ausgeführt wird (lediglich die Ausprägung unterscheidet sich in unterschiedlichen Kulturen). Mund und Augen sind in mimischer Kommunikation am auffälligsten, aber auch Augenbrauen, Stirn oder die Nase und ihre seitlichen Muskeln „sprechen“. Unterdrückte oder unbewusste Emotionen werden durch sogenannte Microexpressions repräsentiert. Diese erscheinen nur für den Bruchteil einer 1/25 Sekunde.

Blickverhalten

Achten Sie darauf, dass Ihr Blickverhalten nach außen gerichtet und dem Publikum zugewandt ist. Sowohl der „Blick nach innen“, wie auch der „Blick ins Nichts“ wirken tendenziell unsicher bzw. uninteressiert, wenn sie lange andauern. Für den Einsatz in künstlerischen Zusammenhängen gilt dies nicht unbedingt. Dort kann der Blick nach innen, besonders bei ruhigen oder traurigen Stücken eine starke Wirkung entfalten Fokussieren Sie bei großem Publikum unterschiedliche Fixpunkte im Raum, zwischen denen Sie wechseln. Lassen Sie Ihren Blick über die Scheitel Ihres Publikums gleiten. Wechseln Sie bei kleinem Publikum zwischen direktem Augenkontakt und fokussiertem Blick in die Weite.

Gestik

Die koverbale Gestik umfasst die nonverbale, redebegleitende Kommunikation mittels Hände-, Arm- und Kopfbewegungen. Gestik wird sowohl bewusst als bedeutungstragendes Element eingesetzt (z.B. Nicken mit dem Kopf, abwehrende Haltung mit den Armen, hochgereckter Daumen), begleiten aber auch unbewusst das Gesprochene. In künstlerischen Settings können die Gesten auch länger gehalten werden oder tendenziell größer ausgeführt werden. Dieser choreographische Einsatz von Gesten (ebenso wie von Positionen und Raumwegen) wurde besonders in Barockopern eingesetzt, um die höfischen Konventionen zu spiegeln. Hier finden Sie ein Beispiel der Oper Boris Godunow von Johann Mattheson mit barocken Gesten:

Die koverbale Gestik kann in drei Bereiche gegliedert werden:

1. Illustrierende Gesten (unterstützen das Gesprochene)

  • Ikonische Geste: Geste, die einen Gegenstand symbolisiert (z.B. Säge = Imaginärer Gegenstand wird nach vorne und hinten bewegt)
  • Metaphorische Geste: Ein abstraktes Konzept wird als Bild in die Luft gemalt (z.B. Waage für abwägen)
  • Deiktische Geste: Finger deuten auf das Gesprochene im Raum
  • Rhythmische Geste: Hände gliedern den Sprachfluss rhythmisch

2. Emblematische Gesten (können Sprache ersetzen, haben eine feste Bedeutung)

  • Kopfnicken, Kopfschütteln
  • Zeichen mit Händen und Fingern (z.B. Zählgesten, Victory-Zeichen, nach unten gestreckter Daumen, an den Kopf tippen…)
  • Gesten mit den Armen (Willkommensgeste mit ausgebreiteten Armen, Händeschütteln, Winken)
  • Emblematische Gesten können in unterschiedlichen Kulturen verschiedene Bedeutung haben und somit zu Missverständnissen führen

3.Emotionale Gesten (kommunizieren Stimmungen und Affekte)

  • Selbstmanipulatorische Gesten (z.B. Selbstberührungen wie Kratzen am Kopf oder durch die Haare fahren) zur Erregungsregulation – häufig unbewusst ausgeführt
  • Gesten, die Emotionen ausdrücken (z.B. geballte Faust für Wut, hochgestreckte Arme für Freude, Hände vor dem Mund für Überraschung)

Stand

Ein stabiler Stand ist die Grundlage für eine selbstbewusste, überzeugende Körperhaltung sowie für eine natürliche, entspannte Atemtätigkeit. Zudem ist ein Bewusstsein für die Füße und den Stand essentiell für die Tonusregulation (Beeinflussung der Körperspannung).

Bei einem optimalen Stand berühren die Zehen, der Ballen, die Außenseite der Füße und die Ferse den Boden und die Innenseite bildet eine Wölbung nach oben. Der Abstand der Füße ist schulterbreit oder in Schrittstellung. Das Gewicht verteilt sich gleichmäßig auf beide Beine, bzw. Füße.

Haltung

Die Körperhaltung des Redners ist ein Spiegel seiner inneren Haltung. Dies geschieht meist unbewusst, was zu inkongruenten Botschaften führen kann. Dies sind Botschaften, bei denen der verbale Inhalt nicht mit der Körpersprache übereinstimmt. In diesem Fall nehmen die Zuhörenden die Körpersprache und die paraverbale Botschaft sehr viel stärker wahr, als den verbalen Teil der Botschaft.

Für eine überzeugende Präsentation ist es also notwendig sowohl die innere Haltung zu reflektieren, wie auch die Körperhaltung sowie das Bewegungsverhalten gezielt einzusetzen, um kongruente und überzeugende Botschaften zu senden. Eine selbstbewusste Körperhaltung zeigt sich in einer aufgerichteten Haltung, bei der die Kraft auf beide Füße verteilt ist. Der Kopf ist gerade und die Augen suchen direkten Blickkontakt (bei großem Publikum einzelne Punkte im Raum auswählen). Die Kraft kommt aus der Körpermitte, der Schultergürtel ist beweglich, die Arme können frei gestikulieren und nehmen Raum ein. Ein überzeugender Redner zeigt dem Inhalt angemessenes Bewegungsverhalten und vermeidet Selbstberührungen.

Körperspannung

Die Körperspannung (auch: Tonus) hat einen hohen Einfluss auf die Atemtätigkeit, die Körperhaltung und somit auch auf die Stimme. Körperspannung bedeutet das situativ angemessen flexible Anspannen und Lösen der Muskelaktivität in Abhängigkeit zur Bewegungsaufgabe. Ziel ist es, eine ausgeglichene Körperspannung aufzubauen die aus der Körpermitte, also dem Rumpf getragen wird. Zudem braucht es Strategien um einen niedrigen Tonus (aufgrund von Müdigkeit, Erschöpfung oder Resignation) erhöhen und einen zu hohen Tonus (also Verspannungen im Körper aufgrund Stress, Wut oder Schmerzen) lösen zu können.

Im Weiteren werden die genannten Faktoren beeinflusst vom Bewegungsverhalten im Raum (Proxemik) und kulturellen Kodizees. Die bewusste Auseinandersetzung mit der Qualität und Geschwindigkeit des eigenen Körperverhaltens sowie die Beobachtung der Körpersprache Anderer ist für die Auftritte von Bühnenauftritten notwendig.

Sie wollen die Präzision und das Timing Ihrer Körpersprache weiter entwickeln?

In Kapitel 4: Peak Performance und Bühnenpräsenz finden Sie Fragebögen zur Selbstreflexion und Methoden, um Ihre Körpersprache zu üben.

Schwarz, Silke: Professionell SINGEN. Mentale Stärke, Eigenverantwortung, Selbstorganisation. Ein Methodenbuch für Ausbildung und Selbststudium. Schöne Töne Verlag. 2025.